Nachdem wir uns angesehen haben, wie man Geschichten strukturieren kann, was zu einer Charakterentwicklung gehört und wie man einzelne Handlungsstränge identifiziert und miteinander verbindet, ist es an der Zeit, den Aufbau einer Szene zu beleuchten. Einige Autoren von Ratgebern reduzieren dies auf die Aussage, Szenen wären nur kleine Geschichten innerhalb der großen, mit einem Anfang, einer Mitte und dem Ende. Das wär mir ehrlich gesagt zu einfach, weil es sich wiederholende Muster gibt, die sich eben aus der inneren Logik einer Szene ergeben und nicht allzu schwer zu verstehen sind. Deshalb möchte ich auf einige Punkte etwas genauer eingehen.
Was macht eine Szene aus?
Jede Szene einer Geschichte sollte jeweils mindestens einen Beat der Story behandeln. Ein Beat kann ein Ereignis, eine Enthüllung oder eine Tat etc. sein, die die Handlung vorantreiben. Neben den im Artikel über Story Structure angesprochenen großen Storybeats am Ende der jeweiligen Akte (großes Ereignis erster Akt, Midpoint, All Seems Lost etc.), die die Handlung auf jeden Fall massiv beeinflussen und in eine andere Richtung treiben sollten, gibt es natürlich auch jede Menge kleinerer Beats, die sich auf dem Level der einzelnen Szenen abspielen.
Zum Beispiel die Befragung eines Verdächtigen, eine Beerdigung, der Flug in ein anderes Land, ein Überfall, ein Unfall, die Nachricht über ein unverhofftes Erbe und so weiter. Wobei jeder genannte Beat im Kontext der Geschichte natürlich auch zu einem großen gemacht werden könnte. Ein großer Storybeat stellt einfach den Höhepunkt des jeweiligen Aktes dar, also etwas, worauf man als Autor hinarbeiten kann. Die vorbereitenden Szenen dienen dazu, diesen großen Moment vorzubereiten und dafür zu sorgen, dass er die angestrebte Wirkung entfalten kann.
Die erste Szene eines Handlungsstrangs stellt einen Sonderfall dar, weil sie den Anfang der in diesem Strang erzählten Geschichte markiert. Sie dient dazu, den POV-Charakter (Point-Of-View-Character; also die Figur, aus deren Perspektive erzählt wird) auf eine interessante Weise vorzustellen, seine Werte, Überzeugungen und den moralischen Kompass anzureißen, den Ton der Geschichte festzulegen, den Status quo der Figur zu zeigen und vielleicht den kommenden Konflikt anzudeuten. Außerdem kann sie den Beginn eines Beziehungsplots, eines Mysteryplots oder einer Charakterentwicklung enthalten.
Danach befinden wir uns im Flow des jeweiligen Handlungsstrangs, dem wir von Szene zu Szene folgen. Wie könnte man diese Szenen also im Sinne der Geschichte gestalten? Ihr habt sicher schon mal gehört, dass jede Szene die Erzählung voranbringen sollte, was im Umkehrschluss bedeutet, dass der Roman ohne eine derselben nicht funktionieren würde. Wie eine Kette, der ein Glied entnommen wurde.
Ob dies wirklich sinnvoll ist, wird gerne und oft diskutiert. Viele Autoren weben bewusst Nebenhandlungsstränge ein, die nicht viel zum Rest beitragen und einfach nur der Unterhaltung dienen sollen. Die Gefahr besteht natürlich, dass diese Subplots die Handlung aufblähen und dadurch verlangsamen, was im schlechtesten Fall Langeweile beim Leser nach sich ziehen könnte.
Cleverer wäre es, Subplots für Charakterentwicklungen oder die Beleuchtung des übergreifenden Themas zu benutzen. Dann würden sie nicht vollkommen im luftleeren Raum existieren und etwas zur Geschichte beitragen. Ich gehöre übrigens der ersten Fraktion an und verzichte bewusst auf Szenen, die die Handlung nicht vorantreiben. Aber das bleibt am Ende jedem selbst überlassen.
Eine weitere grundsätzliche Regel lautet: »So spät wie möglich rein, so früh wie möglich raus.« Ich hab leider vergessen, wer das mal in die Welt gesetzt hat, aber ist ja nicht schwer zu verstehen. Der Einstieg sollte demnach kurz vor dem Hauptereignis der Szene erfolgen, der Ausstieg kurz nach oder schon während des Klimax.
Wenn sich die Szene also zum Beispiel um ein Gespräch nachts in einer Bar dreht, um einen Überfall zu planen, würde ich vielleicht im Wagen auf der Fahrt zur Bar einsteigen, oder irgendwo auf dem Weg dorthin. Falls sich die Gangster während des Gesprächs streiten, könnte man die Szene beenden, nachdem einer den Abzug der Waffe gedrückt hat, ohne weiter darauf einzugehen, wer erschossen wurde – oder ob überhaupt auf jemanden geschossen wurde.
Man fängt, auf dieses Beispiel bezogen, also nicht morgens nach dem Erwachen der Figur an und begleitet sie stundenlang durch ihren langweiligen Alltag, um irgendwann in der Bar zu landen.
Anders gelagert wäre der Fall, wenn die Szene in der Bar das große Ereignis am Ende des Aktes wäre. Allerdings müsste man die darauf zusteuernden Szenen dann natürlich auch interessant und spannend gestalten, um den geneigten Leser auf dem Weg zum großen Ereignis nicht zu verlieren.
Zum Beispiel (die Beats der einzelnen Szenen sind fett markiert):
- Jerry entkommt morgens nach dem Aufstehen knapp dem Gerichtsvollzieher. Er braucht Geld, und zwar schnell.
- Er schleicht sich aus dem Block und trifft sich mit einem alten Freund, um ihn um Geld zu bitten. Dieser lehnt ab und erwähnt einen anstehenden Überfall Jerrys alter Gang. Da der Fahrer kurzfristig ausgefallen ist, schlägt der alte Freund Jerry als Ersatz vor. Jerry ist nicht begeistert, weil er sich nicht im Guten von den Jungs getrennt hat und lehnt ab.
- Auf dem Weg zum Arbeiterstrich wird Jerry vom Eintreiber eines Kredithais abgepasst, dem er eine Menge Geld schuldet. Der Schläger setzt ihm ein knappes Ultimatum und droht, ihn in Stücke zu reißen, falls er das Geld nicht abliefert.
- Jerry bittet den alten Freund daraufhin, Kontakt zur Gang herzustellen.
- Jerry sucht die Bar auf, die der alte Freund ihm genannt hat. Die Gang ist nicht begeistert, ihn zu sehen. Vor allem ihr Anführer, der wegen Jerry drei Jahre im Knast verbracht hat. Die Lage droht zu eskalieren, Waffen werden gezogen, ein Schuss löst sich. Kurz darauf stürmt ein Sondereinsatzkommando die Bar.
Grundlegende Komponenten einer einfach gehaltenen Szene
Ziel: Natürlich sollte unser Protagonist in jeder Szene ein Ziel im Kontext der übergreifenden Geschichte verfolgen. Also etwas, das ihn näher zu dem Punkt bringt, den er innerhalb der Story erreichen will.
Hindernis: Während die POV-Figur versucht, das Ziel der Szene zu erreichen, tun sich für gewöhnlich ein oder mehrere Hindernisse auf, die überwunden werden wollen.
Klimax: Der Versuch, das Hindernis zu überwinden, läuft meist auf den Höhepunkt der Szene hinaus. Also den Punkt, an dem die Spannung am größten ist.
Cliffhanger: Ein Cliffhanger am Ende der Szene bietet sich an, um die Leser dazu zu bewegen, weiterzulesen. Dabei kann es sich um alles Mögliche handeln: Eine neu aufgeworfene Frage, ein neues Problem, eine Aktion, von der wir den Ausgang nicht kennen, oder etwas Überraschendes. Wenn man sich mal daran gewöhnt hat, nach diesen Möglichkeiten Ausschau zu halten, ergibt sich fast immer etwas.
Da wir die grundlegenden Komponenten nun kennen, können wir darüber nachdenken, wie man Szenen am besten hintereinander schalten könnte. Da jede Szene einen wichtigen Beat der Geschichte abbilden sollte, gibt es natürlich auch unwichtigere Ereignisse zwischen diesen Beats, die besser erzählt als gezeigt werden sollten. ›Show don’t tell‹ bedeutet nämlich nicht unbedingt, alles zu zeigen, sondern nur die wichtigen Beats. Die unwichtigen Ereignisse könnte man als kurze Flashbacks einbinden, die erzählt werden, um keine Lücken zu hinterlassen und den Leser auf den aktuellen Stand zu bringen.
Außerdem sollte die POV-Figur die Ereignisse der vorangegangenen Szene verarbeiten. Dazu benötigt es eine kurze Phase der Reflexion, die über ein inneres Zwiegespräch umgesetzt werden könnte. Dieser innere Monolog sollte möglichst kurz nach Beginn der Szene untergebracht werden, um später, wenn die Spannung steigt, nicht kontraproduktiv zu wirken.
Wie könnte man die beiden genannten Punkte also in die Basisszene integrieren? Indem man drei weitere Komponenten hinzufügt.
Teaser: Den Begriff ‚Teaser‘ hab ich mir von amerikanischen Serien geborgt. Das ist der Teil der Episode, der stattfindet, bevor der eigentliche Trailer startet, und den Zuschauer neugierig machen soll. Bezogen auf die Szene eines Romans ist das einfach der interessant gestaltete Anfang (Hook), der kurz darauf durch die folgenden Komponenten unterbrochen wird.
Flashback: Um die Lücke zur vorherigen Szene zu schließen. Flashbacks sind kurze Rückblenden, um den Leser auf den aktuellen Stand zu bringen, falls zwischen dem Ende der vorangegangenen Szene und der aktuellen Dinge passiert sind, die zu unwichtig waren, um sie dem Leser zu ‚zeigen‘ (können aber auch gezeigt werden, wie ich es weiter unten beschrieben habe). Flashbacks können nur ein paar Sätze beinhalten oder auch sehr viel länger sein.
Manchmal setze ich einen Flashback auch ein, um die Szene insgesamt spannender zu gestalten. Zum Beispiel kann man am Anfang der Szene, während des Teasers, eine Frage aufwerfen und diese innerhalb der Rückblende beantworten. Wenn der Einstieg der Szene keinerlei Bezug zum Ende der vorangegangenen Szene zu haben scheint, wird sich der geneigte Leser fragen, wie zur Hölle das Ganze zusammenpasst. Diese Frage wird anschließend im Flashback beantwortet.
Das kann man zum Beispiel machen, wenn es sich bei dem dazwischen liegenden Ereignis nur um ein Gespräch handelt, das eine wichtige Information vermitteln soll. Man startet also in medias res (spannend), schiebt den Flashback ein, um die vorangegangene Szene zu zeigen, die zur aktuellen geführt hat (das Gespräch), und springt danach zurück zur eigentlichen Szene. Ein Flashback dieser Art kann auch mal tausend Wörter oder mehr beinhalten und wird, wie jede wichtige Szene, ‚gezeigt‘.
Den Flashback kann man folgendermaßen einflechten: Die Szene startet zum Beispiel in der dritten Person Vergangenheit (Präteritum). Um auszudrücken, dass der Flashback weiter zurückliegt, wechselt man ins Plusquamperfekt. Falls die Rückblende länger ist, würde ich nach ein paar Sätzen wieder das Präteritum verwenden und die letzten Sätze des Flashbacks erneut im Plusquamperfekt schreiben, um klarzustellen, dass die Rückblende beendet ist. Danach geht es im Präteritum weiter, um die aktuelle Szene zu Ende zu schreiben.
Reflexion: Um den Protagonisten über die Ereignisse der vorangegangenen Szene reflektieren zu lassen. Reflexionen können theoretisch überall in die Szene geflochten werden, falls nötig. Dennoch würde ich versuchen, sie irgendwo im ersten Drittel unterzubringen, weil – vor allem, wenn es sich um längere Monologe handelt – das Tempo der eigentlichen Handlung verlangsamt wird.
Ob zuerst der Flashback oder die Reflexion kommt, hängt von der Szene ab. Ob man überhaupt einen Flashback verwendet, von der Entscheidung des Autors. Auf eine Reflexion würde ich dagegen nicht verzichten, weil die Figur im Grunde immer die Ereignisse der vorangegangenen Szene verarbeiten und reflektieren sollte. Ansonsten würde sie emotional völlig unbeeindruckt durch die Geschichte gehen, was dem Unterhaltungsfaktor sicher nicht guttun würde.
Diese Art von Szene würde schematisch vereinfacht dargestellt wie folgt aussehen:
Folgend ein Beispiel, um das Ganze zu verdeutlichen:
Szene 1
Abends: Ben, ein Immobilienmakler, will seinen verhassten Konkurrenten aufs Kreuz legen und Kokain in dessen Wagen platzieren (Ziel). Dazu bricht er in die gesicherte Wohnanlage ein (Hindernis) und schafft es, das Kokain im Handschuhfach des abgeschlossenen Wagens (Hindernis) seines Kontrahenten zu deponieren. Als er den Detective, der wegen Betrugs gegen ihn ermittelt, auf Roger ansetzen will, hört er Geräusche auf der Terrasse des Hauses und sieht, wie seine Frau ihn mit Roger betrügt (Klimax / Cliffhanger).
Szene 2
Nachts: Ben auf dem Weg in eine zwielichtige Bar. Er ist wütend (Reflexion) und will eine Waffe kaufen, um Roger zu erledigen (Teaser). Auf dem Weg lässt er die vorangegangenen Ereignisse noch einmal Revue passieren (Flashback).
Nachdem er seine Frau mit Roger erwischt hat, ist er ziellos durch die Gegend gefahren, hat sich betrunken und den Entschluss gefasst, Roger zu erledigen. Dabei ist ihm ein alter Kontakt eingefallen, mit dem er früher zusammen Leute abgezockt hat.
Sprung zurück zur eigentlichen Handlung: Ben besorgt die Waffe, trinkt erneut und macht sich auf die Jagd nach Roger (Ziel), aber dessen Wagen ist weg, das Haus verlassen. Ben ist angeschlagen und beschließt, in der Garage auf ihn zu warten. Allerdings ist er zu betrunken, um wach bleiben zu können (Hindernis) und schläft ein – um Stunden später vom Motor eines Wagens geweckt zu werden. Er legt blinzelnd im Halbschlaf an und wartet, bis der Fahrer aussteigt. Danach krümmt er den Abzugsfinger der Waffe (Klimax), um im selben Moment seine Frau zu erkennen (Cliffhanger).
Szene 3
Nachts: Ben ist dabei, ein Loch im Wald auszuheben. Er wirkt verwirrt und völlig durch den Wind, während er wie ein Irrer gräbt und schwerer Regen auf ihn niederprasselt. Außerdem fühlt er sich schuldig, will das Ganze hinter sich bringen und nur noch verschwinden (Reflexion+Ziel). Während er wie in Trance gräbt, wird er von Erinnerungsfragmenten der vorangegangenen Ereignisse heimgesucht (Flashback).
Als er seine Frau in der Garage erkannt hat, hat er die Waffe vor Schreck zur Seite gerissen und abgedrückt. Linda ist vor Panik zusammengebrochen, danach haben sie sich ausgesprochen und beschlossen, die Vergangenheit ruhen zu lassen und einen Neustart hinzulegen. Als sie die Garage verlassen haben, ist Ben über etwas am Boden gestolpert.
Sprung zur eigentlichen Handlung: Ben erbricht sich in das Loch und bekommt eine Panikattacke (Hindernis), die ihn buchstäblich paralysiert. Bis Linda das Kommando übernimmt und ihn dazu zwingt, weiterzugraben. Danach öffnen sie den Kofferraum von Rogers Wagen, und schleifen die Leiche des Detectives (Klimax) ins flache Grab, um ihn darin zu verscharren (der Mann hat Ben stundenlang beschattet und wollte sich selbst ein Bild machen, nachdem Linda mit Rogers Wagen bei dessen Haus aufgetaucht war). Ben hat den Kerl versehentlich erschossen und nun ein weiteres Problem am Bein, dass ihn schon bald einholen wird.
Wie ihr sicherlich bemerkt habt, hat Szene 3 keinen Cliffhanger. Das muss auch nicht jedes Mal sein. Wenn sich keiner ergibt, ergibt sich halt keiner. Obwohl ich natürlich noch einen hätte draufsetzen können, zum Beispiel:
- Der Wagen bleibt im Wald neben dem improvisierten Grab stecken.
- Roger ist noch nicht tot und beginnt sich zu wehren.
- etc. etc.
Was man aber auf alle Fälle schon erkennen kann, ist, wie man Szenen spannend gestalten kann, indem man die Abfolge der Ereignisse entsprechend arrangiert!
Actionszene
Eine weitere Szene ist die Actionszene. Diese Art von Szene schreibe ich meistens ohne Flashback, weil die Rückblende Tempo herausnimmt und das im Falle einer aktionsgeladenen Szene eher kontraproduktiv wäre. Kann man aber natürlich trotzdem machen, wenn es sein muss.
Wenn man die Actionszene zum Beispiel in mehrere Teile aufteilt, könnte man den Flashback wie gewohnt im ersten unterbringen und in den folgenden darauf verzichten.
Auch Reflexionen können in Actionszenen untergebracht werden, allerdings würde ich die entsprechenden Gedanken oder Monologe eher kurz halten.
Beispiel einer aufgeteilten Actionsequenz:
Szene 1.1
Ben wird von der Polizei verfolgt. Er rast völlig außer sich durch die Straßen New Yorks, während er die vorangegangenen Ereignisse reflektiert (der Mord nimmt ihn mit, er fühlt sich schuldig, Linda hat sich als eiskalt entpuppt, er traut ihr nicht mehr, etc.; hier könnte man gegebenenfalls auch einen Flashback einbauen).
Er will den Cops (Hindernis) entkommen (Ziel). In einer Kurve verliert er die Kontrolle und kracht in die Front eines Geschäfts (Cliffhanger).
Schnitt (meist zur Szene eines anderen Handlungsstrangs). Schnitt zurück.
Szene 1.2
Ben schafft es, aus dem Wagen zu kriechen und durch den Shop zu entkommen. Als er durch die Hintertür in die Gasse stürmt, entdeckt ihn ein Polizist und nimmt die Verfolgung auf (Hindernis). Ben rennt um sein Leben, hängt den Mann ab und rettet sich vor einem Bus über die viel befahrene Hauptstraße (Klimax), als ein weiterer Polizist aus den Schatten tritt (Cliffhanger).
Schnitt (meist zur Szene eines anderen Handlungsstrangs). Schnitt zurück.
Szene 1.3
Ben geht langsam die Luft aus. Er sieht seine Felle davonschwimmen, als er eine kleine Brücke überquert und einen LKW entdeckt, der diese demnächst erreichen wird, um sie zu unterfahren. Er klettert aufs Geländer, verliert fast den Halt und springt, bevor der Polizist ihn greifen kann (Klimax) – um kurz darauf auf dem Anhänger zu landen und zu entkommen.
Die besprochenen Schemata müssen natürlich nicht jedes Mal so abgehandelt werden, obwohl ich zugeben muss, dass ich die Variante mit Teaser, Flashback, Reflexion, Ziel, Hindernis, Klimax, Cliffhanger etc. ziemlich häufig verwende, weil es sich oft einfach anbietet.
Reeller Szenenaufbau
Meistens werden Szenen nicht wie die oben angeführten vereinfachten Bespiele gestaltet, da oft mehrere Plots gleichzeitig abgehandelt werden. Denkt nur an all die Momente, wo die Figuren auf dem Weg sind, um etwas zu erledigen, und über persönliche Dinge reden. Dabei werden meist Beziehungsplots, Romances, interne Konflikte oder einfacher ausgedrückt, die emotionalen Ebenen der Figuren weiterentwickelt, bevor es daran geht, die eigentliche Szene zu zeigen.
Je nach Länge der Szene können auch mehrere Abschnitte eingefügt werden, die Beziehungsplots behandeln. Auch später, wenn die eigentliche Handlung der Szene bereits läuft. Denkt an Ermittler, die ständig miteinander über Privates reden etc. Aber wie passt das mit den Beispielen vom Anfang des Artikels zusammen?
Die am Anfang des Artikels angeführten Beispiele waren nur Grundschemata, die natürlich jederzeit erweitert oder geändert werden können, je nachdem, was die Szene gerade benötigt!
Manche Szenen behandeln nur ein Ereignis, in anderen werden mehrere abgehandelt. Das kann viele Gründe haben. Wenn ich zum Beispiel drei parallel verlaufende Handlungsstränge und einen Hauptprotagonisten habe, der in jeder zweiten Szene vorkommen soll, muss ich oft mehrere Ereignisse des Handlungsstrangs einer anderen Figur in einer Szene darstellen, die ich sonst auf mehrere aufgeteilt hätte, weil die unwichtigeren Figuren einfach weniger Szenen bekommen. Aus diesem Grund werden diese Szenen oft länger, um am Ende alles unter einen Hut zu bekommen.
Fazit: Szenen können eine Menge unterschiedlicher Formen annehmen. Die wichtigste Komponente einer Szene ist meiner Meinung nach die Reflexion der Figur über die Ereignisse der vorangegangenen Szene, weil der Charakter nun mal ein Innenleben besitzt und wir diese Entwicklung als Leser miterleben wollen.
Der Flashback kann weggelassen werden, bietet sich aber an, um Lücken zur vorherigen Szene erzählend zu schließen. Ein vom Protagonisten aktiv verfolgtes Ziel ist Pflicht, um der Szene einen Sinn innerhalb der übergreifenden Geschichte zu geben. Manchmal, vor allem am Anfang der Geschichte, ist dieses Ziel aber noch nicht vorhanden und kristallisiert sich erst später durch den Druck des Antagonisten heraus.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal deutlich darauf hinweisen, dass es kein Generalrezept für Szenen gibt und die oben angeführten Punkte in erster Linie zum Nachdenken anregen sollen, wie man Szenen verbessern oder spannender gestalten könnte. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Damit wäre mein Exkurs über Szenen schon zu Ende.